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Einmal um den Mittelfinger

Die Mani Halbinsel, die nahezu den gesamten Mittelfinger der Peloponnes einnimmt, ist die touristisch am wenigsten erschlossene Region der Peloponnes, und wohl auch die am dünsten besiedelte. Man darf es wohl aktuell durchaus noch als Geheimtipp bezeichnen. Die Landschaft ist deutlich schroffer und rauer als der Rest und auch der Baustil grenzt sich vom Rest des Landes ab.

Unsere erste Station war Limeni, ein malerisches kleines Dorf wenige Kilometer nördlich von Areopoli, der Hauptstadt der Mani. Ich habe irgendwo gelesen, dass der Ort wohl ursprünglich der Hafen von Areopoli gewesen sein soll. Wie auch immer, der Ort besteht aus wunderschön restaurierten Steinhäusern, ein paar Tavernen und Touristischen Unterkünften. Wir waren ziemlich allein in dem Ort, alles war geschlossen und die verblieben Ausläufer des Sturms der letzten Nacht, peitschten die türkis blauen Wellen bis auf die Terrassen der Restaurants. Richtig geil!

Wir fuhren weiter nach Areopoli, der Ort hatte uns bei der Durchfahrt auf der Hauptstraße so gar nicht angesprochen, dennoch hielten wir am Ortsrand an um uns noch ein frisches Brot zu besorgen. Bei der Suche nach einem Bäcker gerieten wir in das historische Zentrum der Stadt, naja Stadt ist übertrieben – es gibt etwa 900 Einwohner. Wir mussten unseren ersten Eindruck revidieren, hier sah es richtig hübsch aus. Spontan änderten wir unseren Plan und liefen zurück zum Ortsrand um das Auto zu holen und parkten es in einer Ecke eines großen Parkplatzes vor der Gemeindehalle. Wir wollten den Ort ein bisschen genauer erkunden, irgendwo gemütlich etwas Essen gehen und dann die Nacht hier verbringen.

Wir schlenderten durch die Gassen und entdeckten ständig etwas Neues. Die haben sich hier echt Mühe gemacht in dem Örtchen. Ein Brot hatten wir schon gefunden, dennoch steckten wir die Nase noch in eine andere Bäckerei, da es einfach unglaublich gut roch. Als wir dann an der Eingangsschwelle kehr machten, sprach uns ein Grieche an „Reingehen kostet nix!“, sagte er – er wäre seit ewigen Jahren der Rohstoff Lieferant dieser Bäckerei und hier gäbe es das beste Gebäck der Umgebung. Alles Natur und lecker, er nahm uns mit rein und drückte uns ein paar Gebäckstücke aus der Auslage in die Hand zum Probieren. Mega lecker! Wir kauften noch von jeder Sorte ein Teil, bedankten uns und trugen unsere Beute zum Auto. Ganz schön nett die Manioten.

Wir wollten Vathia, eines der Wehrdörfer weiter im Süden der Mani-Halbinsel besuchen. Häuser und ganze Dörfer dieser Art dienten als Verteidigungsanlagen gegen Eindringlinge und lokale Fehden, wobei die Blutrache eine zentrale Rolle spielte. Diese Tradition der Blutrache, bei der Familien über Generationen hinweg gewaltsame Vergeltung übten, prägte die sozialen Strukturen und die Notwendigkeit von befestigten Wohnstätten in dieser Region. Die steinernen Türme der Dörfer fungierten als Festungen, um die Bewohner während dieser langwierigen Fehden zu schützen. Ganz schön schräge Vorstellung. Fast die gesamte Mani Halbinsel ist übrigens in diesem Stil bebaut.

Das mit weitem Abstand witzigste war aber folgendes, ich latsche so mit der Kamera durch die Gassen (wohlgemerkt nicht weit entfernt vom gefühlten Ende der Welt), da ruft es von einer Terasse „Hey, bist du Martin?“ – „Nö!“, „dann bist du Patrick!“. Marian Krolak – eine Facebook Bekanntschaft, stand da eine Etage über mir. Wir waren uns vorher noch nie Live begegnet…. eine tolle, sehr unerwartete Begegnung. Ich bin sicher, es war nicht das letzte mal dass wir Kontakt haben werden. Gute Reise weiterhin.

Wir fuhren weiter bis ganz in den Süden, wir wollten uns den Leuchtturm am untersten ende der Mani noch anschauen. Es ist der zweit südlichste Punkt des Europäischen Festlandes – hinter Tarifa. Also vermutlich sind wir genau auf höhe von unserer Heimat Gibraltar 😉

Wir brauchten etwa 45 Minuten one Way zu dem Leuchtturm, nicht besonders aufregend aber so ein südlichster, nördlichster, höchster, tiefster oder was auch immer Punkt übt doch immer eine gewisse anziehung aus – zumindest auf mich. Auch wenn es nur der zweit bla bla blaste Punkt ist.

Da sich auf dem Parkplatz eine Vanlife Crew mit Lautsprecherboxen breit gemacht hatte. Zigen wir es vor nicht hier zu übernachten. Wir fuhren die wenigen Kilometer zurück nach Vathia, parkten oberhalb auf einem zerfallenen Basketballplatz, genossen die Aussicht und die Gesellschaft von 2 weiteren Pärchen die sich hier für die Nacht niedergelassen hatten.

Am nächsten morgen konnte ich es mir nicht verkneifen nochmal mit der Kamera durch den Ort zu ziehen. Diesmal krabbelte ich auch in die etwas weniger gut zugänglichen Ecken des Ortes. Schaut schon super aus hier, es macht fast Lust sich so einen Steinturm zu kaufen, wiederaufzubauen und sich einfach hier niederzulassen 😉 Ich vermute aber die Faszination schwindet ein wenig wenn im Sommer Busladungen von Touristen hier her gekarrt werden, was ich mir gut vorstellen kann. Dennoch wohnen in dem Ort angeblich 6 Personen dauerhaft.

Laut Wetterbericht sollte sich das Wetter in den nächsten Tagen deutlich verschlechtern, ok – inzwischen haben wir auch mitte November und bisher hatten wir einfach die meiste Zeit noch Badewetter. Daher wollten wir den Mittelfinger verlassen und das schlechte Wetter bei Kalamata aussitzen. Dort würde es vermutlich nicht so stürmisch werden. Der Süden des Mittelfingers ist nämlich durchaus für etwas rauere Wetterbedingungen bekannt.

Auf dem Weg nach oben, traffen wir uns noch mit Team Rossi, die gerade auf dem Weg nach Süden waren, in der Nähe von Limeni zum Brunch. 

Eine wunderschöne Strecke führte uns die gesamte Küste entlang bis kurz hinter Kalamata, wir waren zwar heute schon wieder mal viel zu lange gefahren. Aber so waren wir vor dem angesagten Regen einfach schon da…….