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Sturmflucht nach Narvik

Wir verbrachten 2 Nächste in Bodø, machten ein paar Spaziergänge durch die Stadt und schauten den Bewohnern beim Tanzen auf den Straßen zu 😉 Ok, im Ernst, es war einfach so unfassbar glatt auf den Bordsteinen und in der Fußgängerzone, dass an vernünftiges Laufen ohne Spikes nicht zu denken war. Die hohen Temperaturen der letzten Tage hatten den Schnee weitestgehend schmelzen lassen und alles stand irgendwie ein bisschen unter Wasser. Und dann gingen die Temperaturen zügig wieder unter 0 Grad…….. 😉 Was dazu führte, dass mehr als einmal jemand aus dem Auto stieg und uns vor die Füße fiel. Oder mit wilden tanzeinlagen versuchte das Gleichgewicht wieder zu erlangen….

Insgesamt hatte Bodø für uns nicht allzu viel zu bieten, ganz nett aber wir fanden es nicht besonders. Zumal auch die Stellplätze, die wir gefunden hatten nicht wirklich hübsch waren und außerhalb der Stadt zu stehen war auch sinnlos, da wir mit unseren Bikes oder mit dem Roller bei Glatteis auch nicht so richtig mobil waren.

Wir standen vor der Frage ob wir jetzt von hier zu den Lofoten übersetzen sollten, oder lieber der E6 Richtung Narvik folgen sollten. Eigentlich standen die Lofoten auf unserem Plan, allerdings war der Wetterbericht für die Lofoten für die nächsten 10 Tage eine ziemliche Katastrophe, ok für den nördlichen Rest Norwegens war es auch nicht anders angesagt. Wir entschieden uns gegen die Lofoten im Nebel und mit Sturm. Heben wir für ein anderes Mal auf. Judith hat sowieso schon gesagt wir müssen nochmal im Sommer wiederkommen…… so wie wir trödeln, kann es durchaus sein, dass wir im kommenden Sommer immer noch da sind 😉 ,wäre aber auch nicht schlimm!

Wir machten uns über die E80 auf den Weg nach Fauske, um dann über die E6 Richtung Narvik zu fahren. Die Straßenverhältnisse waren recht gut, so dass wir rund 200 Km an diesem Tag geschafft haben. Die Nacht wollten wir auf einem kleinen Platz etwa auf der Spitze einer kleinen Passstraße verbringen. Wunderschön im hohen Schnee 😉 Allerdings sahen wir auf der Webseite des norwegischen Straßenverkehrsamts https://www.vegvesen.no/ dass für den nächsten Tag recht chaotische Verhältnisse angesagt waren und Warnungen ausgesprochen wurden. Dann hat der norwegische Wetterdienst für die Nacht und den kommenden Tag auch noch eine Orkanwarnung ausgegeben https://www.yr.no/en .

Die beiden Webseiten sollte man bei seiner Reisplanung im Winter übrigens auf jeden Fall täglich checken, man kann alle Sperrungen, nicht passierbare Pässe und Baustellen auf seiner Route sehen und kann dementsprechend seine Pläne anpassen.

Wir änderten unsere Pläne mit dieser Information dahingehend, dass wir beschlossen nicht auf der Spitze eines Berges zu übernachten sondern den Pass auf der anderen Seite runter zu fahren und weiter unten einen windgeschützten Platz zu suchen. Den fanden wir dann auch in dem klitzekleinen Ort Ulsvåg, gut versteckt hinter einem Haus und einem Schneeräum-Truck auf einem großen ebenen Platz.

Die Entscheidung hatte gepasst, wir haben nicht zu viel abbekommen von dem Sturm in der Nacht und konnten recht gut schlafen ohne allzu sehr durchgeschüttelt zu werden.

Die norwegischen Zeitungen (online) berichteten von Windgeschwindigkeiten von 33m/sek, Frachtschiffe hätten aufgrund der hohen Wellen auf dem offenen Meer, Schutz in den Fjorden gesucht und die Zustände auf den Straßen sollen wirklich übel sein. Da der Straßenzustand der letzten Tage, der hier als normal gilt im deutschen Radio sicher schon für die Meldung „Der Verkehr wird vollständig zum Erliegen kommen….“ gesorgt hätte, haben wir uns überlegt dass dann doch  auch ausnahmsweise mal ernst zu nehmen 😉 Wir fuhren also nicht wie eigentlich geplant am nächsten Morgen weiter, sondern wollten erst mal warten ob es irgendwelche neue Meldungen gibt. Zumal die E6 nach etwa 20 Km in unserer Fahrtrichtung von einer Fährverbindung unterbrochen war.

Irgendwann kurz vor Mittag hielt ein kleiner Überlandbus auf dem Parkplatz vor unserem Auto, ich glaube das war das erste Fahrzeug was überhaupt die Straße bisher an diesem Tag entlanggekommen war. Ich lief zu dem Fahrer um mich über den Zustand der Straße zu informieren. Er sagte, dass die Straße nicht wirklich gut passierbar wäre aktuell und außerdem die Fährverbindung eingestellt wäre.

In der Richtung kämen wir also so oder so nicht weiter.

Er sagte aber es gäbe eine weitere Verbindung ab Drag nach Kjopsvik die seiner Information nach noch fahren würde, da sie windgeschützter zwischen den Inseln verlief. Der Weg dahin wäre auch befahrbar. Also los, bevor wir hier noch 2 Tage am gefühlten Ende der Welt festsitzen machen wir das. Die Straße war auch absolut OK und die Fähre war in Betrieb.

Vom Zielhafen in Skarberget waren es noch knapp 100 Km bis Narvik. Die durch Schnee und Nebel eingeschränkte Sicht gepaart mit den üblen Straßenverhältnissen war schon anstrengend und ich war froh als wir endlich in Narvik angekommen waren.

Wir hatten uns einen Platz mitten in der Stadt ausgesucht, um von dort Fußläufig ein paar Ausflüge machen zu können, da wir das schlechte Wetter einfach hier aussitzen wollten.

Die Stadt hat eine Bevölkerung von etwa 18.000 Einwohnern. Narvik ist ein wichtiger Hafen für den Export von Eisenerz, welches per Bahn aus Schweden gebracht wird. Das war auch der Grund, warum Narvik im zweiten Weltkrieg der Austragungsort der größten Gefechte in Norwegen war. Nazi-Deutschland wollte den Hafen einnehmen um an das dringend für die Produktion von Kriegsmaschinerie benötigte Eisenerz zu kommen. Der Hafen in Narvik bleibt aufgrund der Einflüsse des Golfstroms das ganze Jahr eisfrei und hätte eine unterbrechungsfreie Lieferung sichergestellt. Die Alliierten und Deutschen kämpften um die Kontrolle über den Hafen, und die Alliierten gewannen schließlich die Kontrolle über Narvik und die wichtige Eisenerzversorgung für Deutschland wurde somit unterbrochen.

Wir haben uns die Geschichte des Krieges im Kriegsmuseum Narvik angeschaut, es ist wirklich ziemlich krank was da passiert ist, aber man muss es mal gesehen haben.

Als wir das Museum verließen und zurück zu unserem Auto gingen, kamen wir am Kino vorbei, wo der Film „Kampf um Narvik – Hitlers erste Niederlage“ lief. Leider nur in Landessprache und auch wenn wir jetzt schon fünf Wörter norwegisch können, reicht es nicht für einen Kinofilm 😉 Allerdings war der Film, wie wir im Auto feststellten seit wenigen Tagen auch bei Netflix verfügbar. Also schauten wir uns den Film quasi direkt am Ort des Geschehens, im Bett liegend mit einer Tasse Tee in der Hand auf dem IPad an.

Eigentlich weiß man ja, dass es bei einem Krieg nicht wirklich einen Gewinner geben kann, aber wenn man sich das nochmal so vor Augen führt, mit dem Museum und dem Film im Anschluss, wirkt das was aktuell in der Welt geschieht nochmal absurder. Ob die Menschheit das irgendwann mal begreift?………

In der Nacht hatte es mega viel geschneit, jetzt sah es wieder richtig hübsch aus. Wir machten einen ausgedehnten Spaziergang durch die Stadt, durch den Hafen und die Bucht entlang. Wir entdeckten das Narvik Heimatmuseum. Dort wurde der Bau der Bahnstrecken Richtung Schweden, dem Arctic Train dokumentiert. Der Arctic Train in Narvik ist eine spektakuläre Bahnstrecke, die durch die atemberaubende Landschaft Nordnorwegens führt. Die Strecke verbindet Narvik mit dem schwedischen Abisko und bietet eine wunderbare Aussicht auf die arktische Landschaft, einschließlich Berge, Fjorde und Tundra. Sie ist auch Teil der Eisenerz Transportroute.

Die Ausstellung ist auch wirklich sehenswert und in einem sehr hübschen Gebäude untergebracht.

Wir wären die Bahnstrecke super gerne gefahren, allerdings ohne Aussicht auch nicht so toll – ihr wisst ja, das Wetter ;-).

Laut Straßenverkehrsamt hatten sich die Straßenverhältnisse wieder normalisiert, was dann für uns hieß – weiter Richtung Tromsø. Insgesamt verbrachten wir 3 Tage und Nächte in Narvik. Ein hübsches Städtchen!

Bis Tromsø waren es noch rund 230 Km immer der E6 entlang um dann irgendwann auf die E8 abzubiegen. Die Straßen waren mit einer geschlossenen Schneedecke überzogen und im Grunde ganz gut befahrbar. Ab und an gab es allerdings ein paar kurze heftige Schneestürme, die Zeitweise die Sicht schon ziemlich beschränkt haben. Muss man eben langsam machen. Wir fuhren bis Setermoen, eine Kleinstadt mit etwa 2000 Einwohnern und rund 4500 Soldaten. Wir hielten an unserem Lieblingssupermarkt REMA1000 und Judith ging einkaufen. Ich wartete solange im Auto. Nach wenigen Minuten winkte mir ein Mann zu, ich öffnete die Tür. Er war ganz begeistert von unserem Auto, war selbst Offroad und Camping Fan und war normalerweise mit einem Landrover unterwegs. Er arbeitete für die norwegische Armee und hatte irgendetwas mit deren Fahrzeugflotte zu tun. Wir unterhielten uns ein bisschen und irgendwann sagte er ob ich Spaß hätte mit meinen Reifen. Ich antwortete, naja ich habe schon bessere im Winter gefahren. Bergauf geht es dank 6 Rad Antrieb bisher eigentlich fast immer irgendwie weiter. In den Kurven ist es immer etwas weich in der Lenkung und manchmal zuckt der Kleine auch ein bisschen über alle Räder. Der Bremsweg ist allerdings mit den Michelin XZL ziemlich undiskutabel, auch mit den Spikes die wir bereits nachgerüstet haben.

Er brachte es auf den Punkt und sagte die Armee müsse die Dinger auch fahren, da es in der Größe keine wintertauglichen Offroadreifen gibt und sie seien schlichtweg Scheiße im Winter 😉 Allerdings würden sie die Reifen umarbeiten, also mit ganz feinen Lamellen Schnitten versehen, so wie es eben bei Winterreifen üblich ist – das wäre ein großer Unterschied und würde den Grip massiv verbessern.  Das wäre in Norwegen absolut üblich auch bei anderen Reifen. Er hätte das auch bei seinen All Terrain Reifen für den Landy gemacht. Deutlich besserer Grip und die Reifen würden länger halten. Ich hatte noch nie davon gehört, dass man das nachträglich machen kann. Also doch eigentlich schon, der LKW-Fahrer mit dem ich vor ein paar Tagen beim Warten auf die Fähre gesprochen hatte, hatte auch so etwas erwähnt, ich hatte es aber zu dem Zeitpunkt nicht richtig verstanden was er meint.

Er nannte mir gleich einen Reifenhändler 1 Km entfernt, der die ganzen Reifen für die Militärsbasis im Ort bearbeiten würde. Der Tipp kam gerade richtig – da wir ja noch etwas länger bei dieser Witterung unterwegs sein werden. Wir fuhren zu dem empfohlenen Reifendealer und vereinbarten einen Termin für den nächsten Morgen.

Wir suchten uns einen Platz, parkten das Auto und starteten unseren üblichen Spaziergang um die Ortschaft zu erkunden. Ein symphytisches freundliches Örtchen irgendwie. Da wir keine Lust hatten etwas zu kochen, aber eben trotzdem Hunger, kehrten wir in Joker`s Pizzeria ein. Der Betreiber, ein ex Armee Veteran servierte uns die bisher beste Pizza Norwegens. Wir kamen etwas ins Plaudern und er erzählte das er eigentlich in allen Krisengebieten der letzten Jahre unterwegs war und zum Schluss 4 Jahre in Deutschland stationiert war, daher sprach er auch recht gut Deutsch. Er mochte Deutschland, weil dort das Bier viel billiger sei als in Norwegen. Es war ein lustiger, leckerer Abend und er lud uns für den nächsten Abend für eine Party mit Live Musik in seiner Kneipe ein. So hatten wir doch schon wieder einen Plan. Erst die Reifen Geschichte, dann ist es eh schon wieder Dunkel – also bleiben wir doch gleich für die Party hier.

Leider war am nächsten Morgen ein Mitarbeiter in der Reifenwerkstatt krank und der Chef fragte ob es für uns OK wäre nach Tromsø zu fahren, da wäre die Zentrale der Werkstatt, und es dort machen zu lassen. Er hätte schon alles geklärt, sie hätten ab 12 Uhr Zeit und würden es zum selben Preis machen.

Kein Problem, da wollten wir ja eh hin. Nur die Party mussten wir dann leider ausfallen lassen………

Die 100 Km bis Tromsø hatten wir schnell erledigt und waren pünktlich um 12 Uhr bei der Werkstatt auf dem Hof. Die etwas Technik lastige Geschichte gibt es dann in meinem nächsten Beitrag.

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