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Tromsø – das Tor zur Arktis

10 Tage sind wir jetzt schon in Tromsø. Da wir am 8.2. eine kleine Reisepause einlegen wollen und müssen, um ein paar Dinge zu erledigen und vor allem um die Kinder zu sehen, und uns die 10 Tage zu knapp waren um in der Zeit zum Nordkapp und zurück zu fahren, sind wir eben einfach hiergeblieben. Noch weiter im Norden gibt es keine sinnvollen Flughäfen für uns und auch keine Unterstellmöglichkeiten für unser Auto. 10 Tage die sich absolut gelohnt haben. 

Den ersten halben Tag haben wir ja sowieso in der Reifenwerkstatt verbracht, den Artikel gibt es hier zu lesen. Am Abend haben wir uns einfach direkt vor den Toren der Stadt in Tromsdalen auf dem Campingplatz eingemietet.

Manchmal braucht es ja eine Zeit bis man ein Gefühl für einen neuen Ort entwickelt. Ganz oft verurteilt man einen Ort ja zu voreilig, bevor man ihn überhaupt auch nur ein bisschen kennengelernt hat. Ein bisschen ging es mir so auch in Tromsø. Hübsch anzusehen war die Stadt schon auf den ersten Blick, allerdings waren an dem Tag als wir erstmals in die Stadt gegangen sind, gleich 2 Hurtigruten- und ein anderes kleineres Kreuzfahrtschiff im Hafen, die jeweils eine ganze Ladung Touristen in die Stadt gekippt haben, die fast alle in einer leuchtend roten Jacke mit einem Handy bewaffnet gefühlt jeden Millimeter der Stadt auf den Bildsensor des Telefons bannten. Der erste Eindruck war mir viel zu touristisch und ja ich weiß, dass wir selbst Touristen hier sind. Da ist nichts falsch dran – ich mag es nur einfach nicht. Der Betrieb in der Fußgängerzone hat mich an die Mainstreet zuhause in Gibraltar erinnert, immer dann, wenn gerade eines oder zwei der großen Kreuzfahrtschiffe angelegt haben und jeweils 3000 Leute in unser kleines Land entlassen……

So haben wir uns nach einem kleinen Rundgang durch die Stadt erst mal um ein paar organisatorische Sachen gekümmert. Ticket für die öffentlichen Verkehrsmittel zum Beispiel, in Oslo war es mir ja nicht möglich so etwas zu ergattern – da hat mich der Busfahrer ja mehr als eine Woche lang einfach so mitgenommen. Hier gibt es eine App, mithilfe der man sich ein Wochenticket für alle Busse im Bezirk Tromsø kaufen kann. Umgerechnet rund 25 Euro für eine Woche ist fair. Und der öffentliche Nahverkehr funktioniert perfekt, man kommt schnell und ohne große Wartezeiten überall hin. Dann musste ein Fitness Studio her, wenn wir so lange hier sind kann ich das ja mal wieder nutzen um dem körperlichen Verfall entgegen zu wirken. Die Auswahl eines geeigneten Studios gestaltete sich etwas schwieriger. Leider gibt es ja fast nur noch Fitness-Ketten, die mit ihren steifen Regularien nicht für spontane Benutzung durch Reisende geeignet sind. Da alles automatisiert ist, findet man auch keinen Ansprechpartner – als Antwort auf meine Email bekam ich die Aussage „Aufgrund des aktuellen Email Aufkommens beträgt die Bearbeitungszeit ihrer Anfrage 8 Tage“ – cool, bis dahin bin ich fast wieder weg (die Antwort ist auch heute an Tag 11 noch nicht da). 

Zum Glück fand ich zwischen den 3 großen Fitness-Ketten, die hier vertreten sind noch ein Inhaber geführtes Studio, wo ich schnell und unkompliziert sogar an einem Samstag meine Kurzzeitmitgliedschaft abschließen konnte. Studio7 – falls mal einer in die Verlegenheit kommt. Eine echte Oldschool Eisen-Bieger-Bude! Sehr geil! Da bin ich dann auch fast jeden Tag für ein Stündchen hin.

Am nächsten Tag gab es noch eine neue Aufgabe für uns. Wir mussten einen Stellplatz finden für unser Auto, um es in der Zeit, in der wir kurz nach Gibraltar und Deutschland wollten, unterzubringen. Eigentlich wollten wir es einfach hier auf dem Campingplatz lassen, allerdings hatten wir nicht vorab reserviert. Und da an dem Wochenende 18. auf 19. die Tromsø Filmfestspiele stattfinden, ist an diesen Tagen der Campingplatz ausgebucht. Hmm, damit hatte ich nicht gerechnet. Es gibt auch keinen weiteren offiziellen Platz hier in der Nähe, zumindest keinen mit einem Stromanschluss. Und da ich nicht die ganze Kiste lahm- und trocken legen will, wäre das schon hilfreich. Somit hatten wir heute die Aufgabe einfach mal mit offenen Augen das Industriegebiet abzufahren und nach einer geeigneten Location Ausschau zu halten. 

Wir stoppten an allen möglichen Stellen und trugen unser Anliegen vor. Wir haben auch einige Möglichkeiten gefunden, ganz viele ohne Strom aber auch ein paar mit Strom! Auf jeden Fall haben wir an diesem Tag ein paar wirklich nette und hilfsbereite Leute kennen gelernt und viel gequatscht und so auch einfach viel über die Gegend und die Leute erfahren. Und man muss halt einfach sagen, mit dem Dicken hat man immer gleich einen guten Gesprächseinstieg 😉 Am Ende des Tages hatten wir 2, nein eigentlich 3 konkrete Lösungen für unser Problem. Wobei die letzte Version etwa 1 Stunde von Tromsø entfernt, privat bei dem Inhaber eines Wohnmobilhändlers, war. Das war uns aber logistisch zu kompliziert, da ich am 8.2. morgens um 5 am Flughafen sein muss.

Die anderen beiden Lösungen waren perfekt! Eine davon werden wir wahrnehmen.

Für den nächsten Tag hatten wir eine Walsafari gebucht, in der Hoffnung einen Pottwal oder gar einen Buckelwal zu Gesicht bekommen. Leider war das Wetter am nächsten Tag echt mehr als Bescheiden. Die Sitzplätze auf dem Boot nur ein bisschen unbequemer und enger als bei einem billig Flug mit Ryanair. Das ganze Geschäftsmodel hat uns nicht gefallen, wie auch immer es hat sich angefühlt wie in eine Touristenfalle getappt zu sein. Lediglich die Vorträge der beiden Mitarbeiterinnen an Bord waren gut und wirklich interessant. Das Ganze hätte wirklich potential ein gutes Erlebnis zu werden, allerdings nicht, wenn der maximale Profit im absoluten Vordergrund steht und die Qualität nicht passt.

Dafür das es auch außer ein paar Orcas nichts zu sehen gab, kann niemand was, bleibt nicht aus bei Wildtierbeobachtungen. Die sehen wir auch manchmal in Gibraltar von unserer Terrasse aus. Dieser Umstand ist aber in meine Bewertung nicht eingeflossen 😉

Am darauffolgenden Morgen hatten wir noch einen Termin bei MAN um uns einen Schalter umprogrammieren zu lassen. Wir wollten unsere Zusatzscheinwerfer mit dem Fernlicht gekoppelt haben, ist hier in Norwegen absolut üblich und auf dem Rest des Kontinents glaube ich verboten. Daher haben wir noch einen Schalter dazwischen gebaut um es wieder auf legal umstellen zu können. Die Jungs von MAN in Tromsø hatten das ruck zuck erledigt. Danke dafür! Auf dem Rückweg wollten wir noch eine Runde mit dem Truck über die Insel machen, einfach um uns einen Überblick zu verschaffen. Dabei haben wir festgestellt, dass Tromsø komplett über fast die ganze Länge und Breite der Stadt untertunnelt ist. Tunnel mit Kreisverkehr und Parkplätzen – alles unterirdisch. Von den Parkplätzen gelangt man direkt nach oben in die Innenstadt. Weiterhin gibt es einen Tunnel unter dem Fjord entlang, etwa 3 Km lang und etwa 100 Meter tief fährt man unter dem Wasser entlang. Spektakulär! Später haben wir gelernt, dass die ganze Geschichte über eine extra Abgabe, die über den Benzinpreis entrichtet wird, finanziert wird. Daher ist der Sprit rund um Tromsø ein kleines bisschen teurer als woanders. Ein wirklich mega gutes Konzept, was offensichtlich den Verkehr in der Stadt massiv reduziert. 

Generell gibt es in Tromsø ein paar Sachen, die ich so noch nicht gesehen habe. Beispielsweise sind die Bürgersteige und die Fußgängerzone fast komplett beheizt, so dass sie im Gegensatz zu den Straßen komplett Eis- und schneefrei sind. Teilweise werden auch private Hof und Garageneinfahrten beheizt, um sich das ewige Schnee räumen zu sparen. Ziemlich cool, aber auch eine ziemliche Energieverschwendung. Zeitweise gab es hier wohl zu viel zu billigen Strom. Inzwischen wird es wohl aber zumindest im privaten Bereich mit einer Luxussteuer belegt. Außerdem ist auch in Norwegen der Strom massiv teurer geworden, so dass es sich vermutlich automatisch regulieren wird. 

Je öfter wir in der Stadt unterwegs waren, desto schöner fanden wir es. Von dem Eindruck des Touri-Kaffs vom ersten Tag ist nichts übriggeblieben. Es gibt unzählige nette Restaurants, hübsche Gebäude, Sehenswürdigkeiten und es macht einfach Spaß umherzuschlendern, da das Gesamtbild mit den verschneiten Bergen und dem Fjord im Hintergrund einfach von nahezu jedem Platz der Stadt fantastisch ist. Tromsø ist irgendwie die perfekte Mischung aus Stadt und Natur. Es gibt alles was man braucht, es ist aber nicht so riesig, dass es unübersichtlich wird. Und egal in welche Richtung man läuft, nach kurzer Zeit steht man wieder vor einem Stück wirklich faszinierender Natur. Im Vorfeld hatte ich immer irgendwie im Kopf, dass es schwierig sein könnte, wenn es so lang dunkel ist, aber gerade in der dunklen Jahreszeit finden unheimlich viele Festivals und Aktivitäten statt. Außerdem sind die Menschen irgendwie immer in Bewegung, ob Joggen, Skifahren, Wandern, sogar Kitesurfen bei -5 Grad im halbdunkeln kein Problem 😉 Irgendwie geil! Ach ja, mein Fitnessstudio war auch immer gut besucht, egal um welche Tageszeit.

Da unser Bewegungsdrang dem der Norweger fast in nichts nachsteht, stand für den nächsten Tag eine Wanderung auf den Storsteinfjellet auf dem Programm. Man kommt zwar auch mit der Seilbahn dort nach oben, der sogenannte Sherpatrappa übte aber eine deutlich größere Anziehung aus, zumindest auf mich ;-). Der Sherpatrappa ist eigentlich eine recht steile Natursteintreppe, die von Tromsdalen auf den dahinterliegenden Berg führt. Etwa 1200 Stufen, von denen wir aber keine einzige zu sehen bekamen, lag ja ein Meter Schnee drauf. Durch eine wunderschöne Landschaft führte uns der doch teilweise recht steile und rutschige Anstieg. Judith hat mich durchgehend gehasst, zuerst hat sie mich noch beschimpft, später hat sie dann einfach gar nicht mehr geredet 😉 hat sich aber im Laufe des Tages dann irgendwann wieder gegeben. Die Aussicht von ganz oben war spektakulär! Auch, oder gerade weil dicke Wolken und Nebel in den Tälern fest hingen. Außer uns waren noch ein paar Leute auf dem Berg, die Weicheier sind aber fast alle mit der Seilbahn hochgekommen, wir waren die wahren Helden ;-). 

Den Rückweg zog Judith in der Seilbahn vor, ich wollte eigentlich noch einen anderen Weg, den ich auf der Karte gefunden hatte nach unten probieren, konnte aber wegen des vielen Schnees den Einstieg nicht finden. Ich bin dann den gleichen Weg den wir gekommen sind wieder nach unten gegangen. Großer Spaß!!

Gegen Abend, wir hatten uns mit viel Tee wieder auf Temperatur gebracht, war der Nebel der den Tag über im Tal festhing verschwunden. Die Aurora App versprach eine erhöhte Aktivität – beste Voraussetzungen endlich mal vernünftig das Nordlicht zu bewundern. 

Tromsø gilt als einer der besten Orte Weltweit um das Nordlicht/Polarlicht zu beobachten. 

Ich teile ja gerne was ich gelernt habe, also:

Polarlichter sind spektakuläre natürliche Phänomene, die man in hohen Breiten beobachten kann. Sie entstehen durch die Interaktion von Teilchen aus dem Sonnenwind mit der oberen Atmosphäre der Erde.

Die Sonne sendet ständig einen Strom geladener Teilchen aus, den Sonnenwind. Dieser trifft auf die Schutzschildfunktion des Magnetfelds der Erde und wird umgelenkt. An den Polen kann der Sonnenwind jedoch in die Atmosphäre eindringen.

Hierbei werden Teilchen,  wie Protonen und Elektronen, beschleunigt und in die obere Atmosphäre geschleudert. Dabei kollidieren sie mit den Teilchen der Atmosphäre, wodurch Energie freigesetzt wird. Diese Energie wird in Form von Licht sichtbar, was das Polarlicht erzeugt.

Die Teilchen des Sonnenwinds können an den Polen eindringen, weil das Magnetfeld der Erde an den Polen schwächer ist als in den Äquatorialbereichen. Das Magnetfeld der Erde bildet normalerweise eine Schutzbarriere, die den Sonnenwind ablenkt und verhindert, dass er die Atmosphäre erreicht. An den Polen ist das Magnetfeld jedoch schwächer, wodurch es für die Teilchen des Sonnenwinds einfacher ist, in die Atmosphäre einzudringen. Daher ist es auch umso wahrscheinlicher sie zu sehen, desto näher man an die Pole kommt.

Das Polarlicht ist ein farbenfrohes Schauspiel, das sich über den Himmel erstreckt. Die Farben reichen von grün und gelb bis hin zu rot und violett, abhängig von der Art der kollidierenden Teilchen und der Höhe, auf der das Licht entsteht.

Das sich uns bietende Schauspiel an diesem Abend bestand fast ausschließlich aus grünen Lichtern. Absolut faszinierend!! Ich hoffe es waren nicht die letzten, die wir auf dieser Reise zu sehen bekommen. 

Obwohl die Bedingungen nicht optimal waren, da wir fast Vollmond hatten und es demnach eigentlich etwas zu hell war, hat uns das Spektakel nachhaltig beeindruckt!

Beim nächsten Mal werden wir auch versuchen etwas weiter von der Stadt entfernt zu sein und nicht auf dem Tromsø Campinglatz, dann schaffe ich bestimmt auch mal einen guten Bildaufbau für die Fotos – diesmal war einfach kein Platz. Ich musste aber sowieso erst mal ein wenig experimentieren wie man sie am besten auf den Chip der Kamera bekommt. Außerdem ist es beim ersten Mal so aufregend, dass man eh eigentlich gar keine Zeit zum Fotografieren hat.

In den Tagen danach hat sich das Wetter relativ schlagartig verschlechtert, die Temperatur stiegt von -5 bis -10 recht schlagartig auf +8, gleichzeitig begann es zu regnen. Das verwandelte das Winter Wonderland recht schnell in eine trübe, von matschig bis spiegelglatt reichendes Winter-wie-es-keiner-braucht-Land.

Das änderte sich auch nicht mehr bis zu unserem Abflug Richtung Gibraltar, ab und zu kamen noch ein paar Sturmböen dazu, ansonsten blieb es aber stabil schlecht.

Jetzt geht es erst mal ein paar Tage nach Gibraltar und nach Deutschland, in 12 Tagen werden wir zurückkommen und unsere Reise Richtung Norden fortsetzen. Der Dicke steht bis dahin, dank des freundlichen Holzhändlers, sicher geparkt und hoffentlich mit einer stabilen Stromversorgung und wartet auf unsere Rückkehr.

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